Walkie Talkie #45Micha Zweifel

Samstag, 2. Mai 2020


Micha ZweifelIm Kühlschrank bleibt alles länger besserBild und Text

«Ich arbeite an dieser Ausstellung: https://www.kunstmuseumluzern.ch/ausstellungen/micha-zweifel/ und an einer Ausstellung in Basel im Kunstraum Hebel_121. Die zweite Ausstellung ist zusammen mit Sabrina Chou. Vernissage ist ein bisschen verschoben und geplant für den 27. Juni.

Wir reden viel über Metabolismus, Verdauung von Essen und Emotion, in der Kunst und im Körper.

Oft hilft mir das folgende Zitat als Grundgedanke meiner künstlerischen Arbeit und Selbstverständnis als Mensch.

Der Arbeitsprozess ist zunächst ein Prozess zwischen dem Menschen und der Natur, ein Prozess, worin er seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigne That vermittelt, regelt und kontrolirt. Der Mensch tritt dem Naturstoff selbst als eine Naturmacht gegenüber. Die seiner Leiblichkeit angehörigen Naturkräfte, Arme und Beine, Kopf und Hand, setzt er in Bewegung, um sich den Naturstoff in einer für sein eignes Leben brauchbaren Form zu assimiliren. Indem er durch diese Bewegung auf die Natur ausser ihm wirkt und sie verändert, verändert er zugleich seine eigne Natur. (Quelle: http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/marx_kapital01_1867?p=160)

Kunst ist ein Prozess der Gegenseitigkeit, ein sozialer Stoffwechsel. Oder sollte ein solcher sein. Nur ist Verteilung ist nicht immer ideal. Diese Initiative erinnerte mich daran, dass der Entstehungskontext von Kunst in der Präsentation oft bewusst ausgelassen wird. Der Kunst wird so ein Schein von Autonomie und Entrückung verliehen. Als Künstler zu existieren ist oft ein Balanceakt zwischen Brotjob und künstlerischer Arbeit. Unter normalen Umständen arbeite ich als Koch in einer Wirtschaft. Kunst ist ein Teil meines Unterhalts, unfern vom Kochen, zwo Kellen in der gleichen Ökonomie.

Hier ist ein kleiner Text den Sabrina und ich vor ein paar Jahren geschrieben haben. Der Grundgedanke treibt mich noch stets um:

‘As artists we continuously chew on what has already been digested. We repurpose, augment, regorge and attempt the performance of authenticity. We participate in a collective process of cultural digestion and regurgitation, a cannibalistic cycle of consumption and production. If we participate in this metabolic process, whose life are we sustaining? The production of thought and art forms a confusing and unwieldy body of gestures, mouthfuls, and tastes. We reflect on the process of digestion within this intellectual body and our collective material body of intellect. In this cannibalistic process, do we consume our selves? And, how can we sustain our own lives without getting consumed by the struggle to get by as artists?‘

Zur Zeit kann ich nicht ins Atelier gehen. Ein grosser Teil meiner Arbeit ist sowieso Administration und Haushalten. Auf dem Balkon arbeite ich an Holzschnitten für die Ausstellung im Hebel_121, und zwischendurch esse ich etwas Kleines. Im Kühlschrank hält alles länger besser: Bouillon, Eingemachtes, Butter, Wurst.

und noch zum Schluss ein Grundrezept für eingemachtes Gemüse

Einmachglas
1 Teil Wasser
1 Teil Essig. Ich bevorzuge Naturessig oder Weissweinessig. Apfelessig geht aber auch.
Wasser und Essig sollten zusammen ungefähr die Hälfte des Einmachglases füllen
6 Teile Salz / 4 Teile Zucker: Zurückhaltend hinzufügen, probieren.
Gewürze: was man so hat: Fenchelsamen, Pfefferkörner, Senfkörner, Koriandersamen geht fürs Meiste. Orangen- oder Zitronenschale, Sternanis, Kardamom, Chili , frischer Dill, Thymian etc sind auch gut, je nach Vorliebe und Gemüse.
Gemüse für ein Glas. Gewaschen, geschält und in Stücke geschnitten, je nach Vorliebe, dick oder dünn: Meine Favoriten sind: Kohlrabi, Randen, Rotkohl, Rüebli, Radieschen oder Rettich, Bohnen.
Wasser, Essig, Salz und Zucker erwärmen bis alles aufgelöst ist, probieren, eventuell Salz, Zucker, Wasser oder Essig hinzufügen. Abkühlen lassen. Kräuter und Gemüse ins saubere Glas einfüllen. Die kalte Essigmischung darüber giessen. Falls Gemüse schwimmt entweder mit einem runden Stein (Tellerli oder anderes geht auch) beschweren oder ein rundes Stück Backpapier auf die Flüssigkeit legen. Glas verschliessen und für ca eine Woche stehen lassen.»

Micha Zweifel (*1987 Luzern) ist Künstler und Koch. Er lebt und arbeitet in Rotterdam. Für mehr Information zu seiner Arbeit http://michazweifel.ch/


Veranstaltungen

September

Di05Sep17:0018:00Einführung für Lehrpersonen PHOTO I BRUT17:00 - 18:00 Museum im BellparkArt der Veranstaltung:FÜHRUNG,Gespräch

Sa09Sep14:0018:00Offener Foto-Workshop14:00 - 18:00 Museum im Bellpark

So10Sep14:3016:00Artist Talk mit Elvira Bättig14:30 - 16:00 Art der Veranstaltung:FÜHRUNG,Gespräch

So24Sep11:3012:30Öffentliche Führung11:30 - 12:30 Museum im BellparkArt der Veranstaltung:FÜHRUNG

November

Sa04Nov16:3018:00Kamingespräch «Rethinking Art Brut»16:30 - 18:00 Museum im BellparkArt der Veranstaltung:Gespräch